Jûjutsu

 

Jûjutsu (manchmal auch Jûjitsu), ist das klassische waffenlose Kampfsystem Japans.

 „Jû“ bedeutet „weich, sanft, flexibel“, wobei „flexibel“ die am besten zutreffende Übersetzung ist, weil es sowohl auf den physischen, als auch auf den mentalen Bereich anwendbar ist. „Jûtsu“ bedeutet „Technik“.

Richtige Aussprache: Das „j“ ganz weich wie im Italienischen „giorno“, Betonung auf dem lang zu sprechenden ersten „u“. Das zweite „u“ am Wortende ist kaum hörbar, ein sogenannter „Schwundlaut“. Mit „jû“ wollte man im japanischen Mittelalter ausdrücken, daß der Gegner ohne deutlich erkennbare Gewaltanwendung (z.B.: Waffen), manchmal sogar ohne auf den ersten Blick erkennbare Verletzung außer Gefecht gesetzt wird.

 Die erste Dokumentation von systematischer Schulung in waffenlosem Kampf, datiert aus dem 12. Jahrhundert. Dieses „Ringen in Rüstung“, yoroi-kumiuchi, war aber nie ein eigeständiges System, sondern bestand immer als Teildisziplin innerhalb der klassischen Bujutsu Ryû (z.B. Katori Shinto Ryû, Eishin Ryû, u.a.). Das lag daran, daß die Krieger einerseits bewaffnet und in Rüstung, andererseits meist hoch spezialisiert im Gebrauch einer bestimmten Waffengattung kämpften. Die waffenlose Auseinandersetzung war daher eher die Ausnahme.

 Andere Bezeichnungen für Varianten des waffenlosen Kampfes sind: kumiuchi, yawara-gi, yawara-ge, kogusoku, koshi no mawari, torite, yawara, wajutsu, taijutsu. Der Terminus Jûjutsu wurde erst ab der Tokugawa-Zeit (1600-1868) im alltäglichen Sprachgebrauch verwendet, weil das Tragen von Waffen damals für "normale Bürger" verboten war und deshalb ein besonderes Interesse an waffenlosen Systemen bestand. Die Entstehung rein waffenloser Systeme ist deshalb in dieser Zeit anzusetzen.

 Aufgrund seiner Herkunft als Nahkampftechnik ist Jûjutsu zweifellos die wirksamste waffenlose Selbstverteidigung, die es gibt. Dennoch ist heutzutage die Selbstverteidigung nicht der Kern der Sache. Sie ist nur ein seltener Ausnahmefall, an dem sich das Verhalten in lebensproblematischen Situationen augenfällig zeigt. Jûjutsu dient besonders der Persönlichkeitsentwicklung, denn die im Training entwickelten Qualitäten der Ruhe, Aufmerksamkeit, Sicherheit, des Beurteilungsvermögens und der Entschlußkraft sollen im praktischen Leben umgesetzt werden, wobei die Handlungsweise geprägt sein soll von Ökonomie, Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und vor allem Fairness. In seinem Eigenverständnis ist Jûjutsu somit kein Sport, sondern ein Prinzip oder Stil zweckvoller, ethisch -ästhetisch-funktionaler Daseinsbewältigung, eine persönlichkeitsbildende körperlich-geistige Übung und Kunst.

 Jûjutsu ist ein System von Griffen, Schlägen und Würfen mit folgenden Grundsätzen: 

·Siegen durch Nachgeben

·Wirkungsmaximierung bei Minimierung der aufgewendeten Kraft

·Einsatz der Hebelwirkung

·Rücklenkung der Wucht eines Angriffs gegen den Angreifer selbst

·Einleitende Gleichgewichtsbrechung durch Zug, Druck, Atemi (Schlagtechnik) und/oder

·Kiai (Kampfschrei) um die Widerstandsfähigkeit des Gegners zu reduzieren

·Ablenkung, Täuschung und Überraschung

·Ausnützung der Schmerzempfindlichkeit des Gegners

·Aufhebung der gegenerischen Kampffähigkeit durch Auslösung bestimmter Reflexe und deren      Folgen (Vestibularis-, Synkopen- und Glottisreflexe).

 

Die Fachsprache des Jûjutsu ist Japanisch, deshalb haben auch die meisten Griffe und Aktionen japanische Namen. Die Beherrschung dieser Termini ist empfehlenswert, weil einzelne Aktionen dadurch präziser definiert werden können, als mit deutschen Umschreibungen.

Als Anfänger lernt man zuerst richtig zu grüßen, sowie das richtige Verhalten im Dôjô. Danach lernt man das richtige Gehen, Stehen, Rollen und Fallen auf Tatami (Matten). Im Anschluß daran erlernt man Basis- und Verteidigungstechniken in steigender Anzahl und Schwierigkeitsgrad.

 

Das Jûjutsu-Repertoire umfaßt folgende Gruppen:

 Basistechniken:

  1. Würfe (nage waza): Arm-, Hüft-, Bein- und Selbstfallwürfe

  2. Hebel: (kansetsu waza): Finger-, Hand-, Arm-, Bein-, Fuß- und Genickhebel

  3. Beinscheren (dojime waza)

  4. Würgegriffe (shime waza)

  5. Festhalte- und Transportgriffe (osae waza, taiho waza)

  6. Kombinationstechniken (renzoku waza)

  7. Schlagtechnik (Atemi )

  8. "Erste Hilfe" (Seifukujitsu)

Verteidigungstechniken:

Es gibt fast unbegrenzt viele Arten angegriffen zu werden, weshalb es auch eine große Anzahl von Verteidigungsaktionen gibt. Trotzdem gibt es im Jûjutsu auch etliche "Universaltechniken", die man für eine große Zahl von Verteidigungssituationen mit relativ geringen Varianten anwenden kann.

                                                                                                                                             

Dr. Elisabeth NOISSER  Kyoshi

8. Dan Musô Jikiden Eishin Ryû

5. Dan Nihon Jûjutsu

 

 

   Iaidô

 

Für die Samurai in der Zeit des japanischen Mittelalters war die exakte Beherrschung ihrer Schwerter eine lebensnotwendige Kunst, da sie jederzeit mit einem Überraschungsangriff rechnen mußten.

Nach und nach wurden die Zeiten friedlicher und die Beherrschung des Schwertes gewann eine neue, geistige Dimension. Es wurde nicht mehr vorrangig als Werkzeug zum Töten verwendet, sondern hauptsächlich als Trägermedium für traditionelle Werte aus dem Bushidô, dem Ehrenkodex der Samurai.

 

Die Schwertkunst bestand früher aus zwei technischen Anwendungsbereichen, die untrennbar zusammenhingen:

Es gab das Iaijutsu, die Technik, das Schwert blitzschnell zu ziehen und den Gegner zu treffen, und das Kenjutsu, das Schwertfechten, als Fortsetzungstechnik.

Aus dem Kenjutsu entwickelte sich die Sportform Kendô, und aus dem Iaijutsu das meditative Iaidô. Im Iaidô fungiert das Schwert als Instrument zur Förderung des Dô. Dô heißt Weg im Sinne von Entwicklung, besonders der charakterlichen Entwicklung.

 

Iaidô wird hauptsächlich in Form von Kata ( = Einzelübungsabläufe ohne direkten Gegner ) geübt. Anfänger verwenden dazu den Bokken ( = Holzschwert ), Fortgeschrittene das Iaitô ( = Trainingsschwert )

 

Jede Iaidô Kata enthält 4 Hauptgruppen der Bewegung:

 

                1. Nukitsuke:       das Ziehen des Schwertes

                2. Kiritsuke:         der Schnitt

                3. Chiburi:           das Abschütteln verbliebener Blutreste von der Klinge

                4. Nôtô:              das Zurückstecken der Klinge in die Schwertscheide

 

Trotz dieses scheinbar enggesteckten Rahmens gibt es eine große Zahl von Kata, die sich in ihrer Ausführung wesentlich unterscheiden. Um auch den praktischen Effekt der Schnitte kontrollieren zu können, wird in vielen Schulen auch Tameshigiri geübt. Das sind Schneidetests an Bambusstangen und Strohbündeln. Der Wert des heutigen Iaidô Trainings liegt nicht mehr in der Perfektionierung beim Töten; vielmehr sind es jene Dinge, die schon den Samurai auszeichneten, wie: Mut, Entschlossenheit, Konzentrationsfähigkeit, Genauigkeit, Selbstdisziplin und Gehorsam. Diese charakterbildenden Eigenschaften sollen durch das regelmäßige Üben der Kata  im Laufe der Zeit erlangt werden.

 

Im Moment existieren in Japan noch ca. 25 zum Teil sehr alte Iaidô Schulen. Im Rahmen der IMAF wird hauptsächlich die um 1560 gegründete Schule Musô Jikiden Eishin Ryû unterrichtet.

Dieser Stil geht auf Hayashizaki Jinsuke Minamoto no Shigenobu als Gründer und 1. Sôke (Oberhaupt einer Stilrichtung) zurück. Seit damals gibt es innerhalb von MJER eine ununterbrochene Traditionslinie mit Fukui Terao Seizan als 21. Sôke über Ikeda Takeshi als 22. Sôke und Fukui Masato als aktuellen 23. Sôke.

Innerhalb der IMAF wird die Abteilung Iaidô von den Meistern Yamaguchi Katsuo Hanshi 10. Dan, Ochiai Tadao Hanshi 9. Dan und Tose Keiji Hanshi 10. Dan betreut, die auch innerhalb der Zen Nippon Iaidô Renmei ( = Gesamtjapanische Iaidô Gesellschaft ) höchste Ämter bekleiden.

 

Abschließend möchte ich noch festhalten, daß die IMAF in Österreich die einzige Organisation ist, die authentisches Eishin Ryû Iaidô unterrichtet, denn es haben sich hier einige  publikumswirksame Nachahmer minderer Qualität etabliert, die vorgeben, Eishin Ryû zu betreiben.

Obwohl hier immer von Eishin Ryû die Rede ist, sind natürlich auch Vertreter anderer authentischer Schulen bzw. alle anderen Lernwilligen in meinem Dôjô und auf den internationalen IMAF-Lehrgängen immer herzlich willkommen.

 

 

Dr. Elisabeth NOISSER  Kyoshi

8. Dan Musô Jikiden Eishin Ryû

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